Nachehelicher Unterhalt: fehlende Erwerbsbemühungen des Unterhaltsberechtigten in der Vergangenheit

BGH, Beschluss v. 05.12.2012, Az. XII ZB 670/10

Leitsatz:

Genügt der Unterhaltsberechtigte seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit, kann ihm für die Vergangenheit nicht vorgehalten werden, er hätte konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu kompensieren.

Aus den Gründen:

"... Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, dass der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz ergibt den ehebedingten Nachteil (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 23).

Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Einkommen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (Senatsurteil vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 32). Dabei ist die Darlegungs- und Beweislast für die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit unterlässt, muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB fiktiv zurechnen lassen (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 229/11 - zur Veröffentlichung bestimmt). Gelangt das Familiengericht dagegen zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger seiner Erwerbsobliegenheit genügt, kann der Unterhaltspflichtige im Rahmen des § 1578 b BGB nicht mehr einwenden, jener könne ein höheres Einkommen erzielen und habe daher keinen ehebedingten Nachteil erlitten (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 100/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 42). ..."

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